Wein aus Berlin? Ein Stadion als Anbaugebiet? Hessische Reben in Wilmersdorf?
Die Wilmersdorfer Rheingau-Perle hat ihre ganz besondere und überraschende Geschichte.
Das aus Trümmerschutt erbaute Stadion Wilmersdorf in Berlin-Schmargendorf erwies sich bereits wenige Jahre nach der Einweihung 1951 mit seinen 50.000 Plätzen als völlig überdimensioniert. Was lag da also näher, als die terassenförmig angeordneten Zuschauerränge in einen Weinberg zu verwandeln?
Die nördlichen, der Sonne zugewandten Tribünenhänge wurden daher im Mai 1984 mit je 100 Rebstöcken der Sorten Weißer Riesling und Ehrenfelser bepflanzt. Hessische Winzer aus dem Partnerlandkreis Rheingau-Taunus hatten dem Bezirk zuvor die Pflanzen geschenkt.
Immerhin werden seit der ersten Lese im Durchschnitt jährlich 250 Kilogramm Trauben geerntet, die zum Keltern nach Winkel und zum Ausbau nach Oestrich in Hessen transportiert werden. Die etwa 320 abgefüllten 0,5-Liter Flaschen werden dann wieder zurück nach Berlin gebracht.
Da die Hauptstadt kein offizielles Weinanbaugebiet ist, wird der Wein im anschließenden Frühjahr nicht verkauft, sondern bei besonderen Gelegenheiten verschenkt oder im Büro der Bezirksbürgermeisterin im Rathaus Charlottenburg gegen eine Spende zur Unterstützung der hessischen Partnerschaft abgegeben.
Die Wilmersdorfer Rheingau-Perle ist also ein echter Hesse in Berlin…
Übrigens, genau wie der Kreuz-Neroberger: Am Nordhang des Kreuzberger Victoriaparks werden für diesen Wein seit 1968 die Rebsorten Riesling und Kerner gepflegt, die ursprünglich aus der hessischen Partnerstadt Wiesbaden stammen.
Ganz ungewöhnlich ist Wein aus Berlin also nicht. Bereits seit dem Mittelalter wurden über sechs Jahrhunderte lang auf den warmen sandigen Berliner Böden Trauben kultiviert. Manche Straßennamen weisen noch heute darauf hin – so zum Beispiel der Weinbergsweg im Bezirk Prenzlauer Berg.
Inzwischen wird dieses alte Erbe wiederbelebt. In Berlin befinden sich daher noch einige andere Anbaugebiete, die es zu entdecken gilt.